Geschichte

Aus der Festschrift „50-Jahre-Jubiläum“

Im Jahr 1964 hatte Friedrich Tscherney, der Pfarrer von Möl­lersdorf eine Idee, von der er dann später einmal sagen sollte, dass das die größte Verrücktheit in seinem Leben war. Der Herr Pfarrer wollte den Kindern und Jugendlichen eine Möglichkeit zur sportlichen Betätigung ge­ben. Zwei Fußballvereine und einen Tischtennisverein gab es schon, und da Pfar­rer Tscherney den damaligen Präsidenten des NÖBV gut kannte, sollte es ein Basketballverein werden. Das Problem war nur: Es gab keinen Platz auf dem man Basketball spielen konnte und es gab niemanden, der auch nur einen Hauch von einer Ahnung vom Basket­ballsport hatte.

Aber durch solche kleinen Hindernisse hat sich Pfar­rer Tscherney noch nie bremsen lassen. Mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit hat er sich an die Umsetzung seiner verrückten Idee gemacht. Der Pfarrhof wurde gerodet und asphaltiert, Korbständer wurden einbeto­niert, Bodenmarkierungen wurden angebracht und bei den Vereinen in der Nachbarschaft, Oberwaltersdorf und Tribuswinkel, wurde eifrig spioniert: „Wie funktio­niert Basketball eigentlich?“ Im Frühjahr 1966 war es dann so weit. Der Spielbetrieb konnte beginnen. Es fehlte nur mehr eine Kleinigkeit:
Die Spieler. Über den Sommer konn­ten dann doch 16 wagemutige Schü­ler und Junioren zusammengetrom­melt werden die Basketballer werden wollten. Dann meldeten sich sogar noch drei Spieler die über das Juni­oren Alter schon hinaus waren. Da es erlaubt war in der Herren Klasse auch drei Junioren Spieler einzusetzen meldeten die Möllersdorfer beim Verband auch eine Herren mannschaft. Sechs Spieler ist nicht das, was man heutzutage eine „tiefe Bank“ nennt. Darum entschloss sich Pfarrer Tscherney im zarten Alter von 39 Jahren neben seiner Funkti-onärskarriere auch noch die Karriere als aktiver Spieler zu starten. Wie gesagt: Eine verrückte Idee. Denn aus den knapp zwei Dutzend Basketballern des Jahres 1966 werden den nächsten 50 Jahren 1636 Basketballspieler im Möllersdorfer Dress werden, die insgesamt 617.591 Punkte erzielen und dabei unzählige Meistertitel, dar­unter drei Österreichische Meistertitel in der Bundesli­ga und drei Österreichische Cupsiege erreichen.

Das erste Meisterschaftsspiel der Möllersdorfer Ver­einsgeschichte fand am 15. November 1966 statt. Die Schüler verloren gegen Oberwaltersdorf mit 3:20. Das zweite Spiel am 26. November brachte die Junioren nach Mistelbach. Das Spiel wurde mit 121:21 verloren. Also eigentlich nur um einen Punkt, der stand aller­dings dummerweise an der Hunderterstelle. Abenteu­erlich verlief dann die Rückfahrt aus Mistelbach. Der alte VW Bus blieb nämlich mit einer Panne liegen. Und es dauerte seine Zeit, bis ihn der ÖAMTC wieder flott brachte. Und zur großen Verwunderung der Möllersdorfer musste an diesem Abend der eiligst herbeige­rufene Traiskirchner Kaplan die Adventkränze weihen. Der Möllersdorfer Pfarrer stand ja mit seiner Junioren­mannschaft im Weinviertier Regen.

Die Möllersdorfer Herrenmannschaft hat übrigens in ihrem ersten Jahr kein einziges Meisterschaftsspiel verloren. Die Meisterschaft in der zweiten Klasse wurde in mehreren Gruppen in Turnierform ausgetragen. Die beiden Gegner der Möllersdorfer waren nicht er­schienen, die Spiele wurden strafverifiziert, überle­gener Gruppensieger wurde UKJ Möllersdorf. Ein frühzeitiger Aufstieg in die 1. Klasse wurde vom Ver­band gerade noch rechtzeitig verhindert.

Der Möllersdorfer Basketball war ins Rollen gekom­men, die kommenden Jahre waren durch einen kontinuierlichen Aufstieg gekennzeich­net, was die Zahl der Basketballer betrifft. In der zweiten Saison gab es in Möllersdorf schon 35 Spieler, in der Saison darauf wurde der 50er geknackt und ein paar Jahre später trugen schon mehr als 100 Spieler die Möllersdorfer Farben. Der sportliche Aufstieg ging ein bisschen langsamer vor sich. Die Herrenmannschaft spielte in der Saison 1967/68 in der 2. Klasse und bestritt 14 Meisterschaftspiele. 13 Spiele wurden deutlich bis haushoch verloren – zum 14. Spiel war der Geg­ner nicht angetreten. Das brachte den Möllersdorfen in Niederösterreich den insgesamt 22. Platz. Und obwohl die Möllersdorfer in dieser Saison kein einziges Spiel gewonnen hatten, stiegen sie in die 1. Klasse auf. Das hing aber ausschließlich damit zusammen, dass der NÖBV 1. und 2. Klasse zusammenlegte. Jetzt waren die Möllersdorfer zwar in der 1. Klasse, hatten aber keine Mannschaft mehr, denn einige „Herren“ hatten sich verändert, oder ihre Basketballschuhe auch schon wieder an den Nagel gehängt. Als einziger Spieler im Herrenalter verblieb Pfarrer Friedrich Tscherney. Die Rettung brachte ein Verein namens UKJ Wien-Land, der aus Sportfunktionären, Turnprofessoren und ähn­lichen Menschen bestand, die zum Ausgleich ein biss­chen Basketball spielen wollten. Und da diese sich die Pönalen für ihre fehlenden Nachwuchsmannschaften ersparen wollten, traten sie unter Möllersdorfer Farben an. Zwei Saisonen später ließen sich die Möllersdor­fer Herren von Wien-Land wieder scheiden, nach dem Motto: „Verlieren können wir alleine auch.“ Die untere Hälfte der 1. Klasse wurde wieder zur 2. Klasse.

Bald nach dem fünften Geburtstag erhielten die Möll­ersdorfer Basketballer ein Geschenk, das maßgeblich zu den späteren Erfolgen beigetragen hat. Traiskirchen erhielt eine neue Hauptschule und dazu gehörte auch eine Turnhalle mit einem richtigen Basketballfeld und sogar mit einer Zuschauertribüne. Die Möllersdorfer Freiluft-Basketballer hatten endlich ein eigenes Dach über dem Kopf. Denn der Turnsaal in der Möllersdorfer Volkschule konnte auf Grund der beschränkten Aus­maße nur für den Nachwuchs verwendet werden. Das achte Spieljahr brachte dann Erfolge, wie sie praktisch nicht mehr gesteigert werden konnten. So dachten die Möllersdorfer Basketballer damals. Meis­tertitel für die Herren in der 2. Klasse und damit der Aufstieg in die 1. Klasse. Der allererste Herrenspieler, der Möllersdorfer Pfarrer Fried­rich Tscherney beendete nach der Saison im jugendlichen Alter von 47 Jahren seine aktive Basketball­karriere. Seinen letzten Korb für die Möllersdorfer hatte er schon ein Jahr zuvor gegen Piesting erzielt. Er wird dem Verein aber noch Jahrzehnte als Funktionär, Trainer und gute Seele er­halten bleiben.

In der zehnten Saison, zum Jubilä­um, sollte der Aufstieg in die Lan­desliga gelingen. So war der Plan. Die Möllersdorfer gewannen alle Spiele, manche aber nur mit Zittern und knapp. Auch das Heimspiel ge­gen den schärfsten Konkurrenten, die Senioren von Asturia Klosterneu­burg konnte gewonnen werden. Al­lerdings nur mit sieben Punkten Differenz. Und so sollte das Rückspiel in Klosterneuburg die Entscheidung bringen. Es gab eine Elf-Punkte-Niederlage, der Aufstieg in die Lan­desliga wurde um fünf lächerliche Punkte verpasst. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

In die elfte Möllersdorfer Basketballsaison wurde zunächst einmal mit einem Festakt und einem Ju­biläumsturnier anlässlich des zehnten Geburtstages gestartet. Und wie es sich für ein Geburtstagskind ge­hört, gab es auch einiges an Geschenken. Am besten war das Geschenk der Stadtgemeinde Traiskirchen. In der Hauptschule wurde die neue Doppelturnhalle fertiggestellt und das bedeutete endlich ausreichend Trainingszeiten für alle Nachwuchsmannschaften und eine repräsentative Heimspielhalle. Und für dieses tolle Geschenk haben sich die Möllersdorfer natürlich revanchiert, indem sie in diesem Jahr wirklich den Meistertitel in der 1. Klasse geholt haben, und in die Landesliga aufgestiegen sind. Und noch dazu mehr als souverän. Sie gewannen alle Spiele, die Hälfte da­von mit einem „Hunderter“. Rekordergebnis 162:54 gegen Asturia II.

Der Aufstieg der Herrenmannschaft beruhte vor allem auch darauf, dass von Anfang an viel Energie und Zeit in die Nachwuchsarbeit gesteckt wurde. Das war ja auch das eigentliche Ziel der Vereinsgründung gewe­sen. Und Möllersdorf war insofern auch ein Nieder­österreichischer Vorreiter, als es schon Mannschaf­ten im Volkschulalter hatte, wo andere Vereine und Funktionäre noch meinten, dass das kein Alter zum Basketballspielen sei. Insgesamt zwölf Niederöster­reichische Landesmeistertitel für die Nachwuchs­mannschaften in den ersten elf Jahren der Vereinsge­schichte sind ein deutliches Zeugnis für die gute Möllersdorfer Nachwuchsarbeit.

Wir schreiben das Jahr 1977 und die Basketballer aus dem unbeugsamen Dorf im Südosten Niederös­terreichs sind im zwölften Jahr ihrer Vereinsgeschichte angekommen, sie haben die 1. Klasse überwunden und sind in der Landesliga angekommen. Nachdem Möllersdorfer keine halben Sachen machen, sind sie gleich in ihrem ersten Landesligajahr auch Landes­meister geworden. Das hat es in der Geschichte des NÖBV noch nie gegeben. Mit dem Landesmeis­ter-Titel war auch die Teilnahme an den Qualifikati­onsspielen für die 8B-Liga verbunden. Die Möllersdor­fer haben sportlich den Aufstieg zwar knapp verpasst – der „Grüne Tisch“ brachte sie für die Saison 1978/79 aber dennoch in die B-Liga. Da die A-Liga auf zehn Vereine aufgestockt wurde, rückten alle vier für das Finale qualifizierten Landesmeister in die B-Liga auf. Nun waren die Möllersdorfer in der 8-Bundesliga. Und das mit einer Mannschaft, die etwas mehr als ein Jahr zuvor noch in der 1. Klasse gespielt hatten. Die mit dem Aufstieg verbundenen finanziellen Sorgen mil­derte zunächst einmal ein Sponsor, der den Möllers­dorfern lange Jahre treu bleiben sollte: Blaschke Ko­koskuppeln. Sportlich schlugen sich die Möllersdorfer wacker, am Ende hat es dann aber dann doch knapp nicht gereicht. Nach einem Jahr war das Möllersdorfer B-Liga-Gastspiel auch schon wieder vorbei.

Das Ziel für die 14. Saison war klar: Sofortiger Wie­deraufstieg in die B-Liga. Allerdings hatte Möllersdorf diese Rechnung ohne die anderen Vereine gemacht. Nach dem Herbstdurchgang lag Möllersdorf in der Landesliga nur an siebenter und vorletzter Stelle. ­Gleichzeitig lieferten sie im Cup aber eine Sensati­on nach der anderen und qualifizierten sich für das Semifinale. Damals wurde schon das Bonmot verbreitet: Möllersdorf gewinnt den Cup und steigt dafür wieder in die 1. Klasse ab. Beides ist nicht eingetreten. Möllersdorf ist im Semifinale ausgeschieden und in der Landesliga ist es nach einer starken Früh­jahrssaison doch noch der dritte Platz ge­worden. Das war weniger als erhofft, aber doch besser als lange Zeit befürchtet. Auf jeden Fall zu wenig, um die Qualifikation für die Aufstiegsspiele zu schaffen.

Auch im nächsten Jahr hat es nicht ge­reicht. Die Möllersdorfer hatten sich um einen Rang verbessert, diesmal wurden sie Zweiter, doch wieder hatten die Klos­terneuburger die Nase vorne. Doch in der nächsten Saison war es dann so weit. Die Möllersdorfer wurden mit 19 Siegen und einer Niederlage souverän Landesmeister, doch die starke Form aus der Landesliga war dann bei den Aufstiegsspielen in die B-Liga wie weggeblasen. Wieder einmal: Vergebliche Mühen.

Die Saison 1982/83 beginnt einmal mit ei­nem Ausflug ins Organisatorische. Der Ver­ein der diesmal die Landesliga gewinnen soll heißt nicht mehr UKJ Möllersdorf son­dern UBMT 1. So kürzt man den doch etwas sperrigen Namen Union Basketballclub Möllersdorf Tribuswinkel elegant ab. Die beiden Vereine UKJ Möllersdorf und UBB Tribuswinkel haben nämlich beschlossen, einen gemeinsamen Tochterverein, also den UBMT, zu gründen, in dem die stärksten Spieler beider Mann­schaften vereint werden. Das hat im Nachwuchs zwar hervorragend funktioniert, bei den Herren hat es für den Landesmeistertitel aber wieder nicht gereicht.

Prächtig unterwegs war in dieser Zeit also wieder der Nachwuchs. An regelmäßige Landesmeister­titel oder zumindest Stockerlplätze der einzelnen Nachwuchsmannschaften konnte man sich schnell gewöhnen. Und Niederösterreich wird den Möllers­dorfern bald schon zu klein, in der Saison 1981/82 ist der dritten Platz bei den Staatsmeisterschaften der bislang größte Erfolg einer Möllersdorfer Nachwuchs­mannschaft.

Was hat sich in dieser Periode noch an Bedeutendem ereignet? Am 10. Juni 1979 fand das erste BABA­MEIA-Fest der Weltgeschichte statt. Der Verein fei­erten dabei zwar den Abstieg aus der B-Liga, aber bei den vielen nachfolgenden BABAMEIAs sollte es noch viele Erfolge und Meistertitel zu bejubeln geben.

„Bei den Herren hat es für den Landesmeistertitel wie­der nicht gereicht.“ So hat es gegen Ende des letzten Kapitels geheißen. Und jetzt lautet die Überschrift: „Wir sind Bundesliga.“ Wie passt denn das zusammen?

Nun, das ist ein bisschen kompliziert, aber doch schnell erklärt. UBSC Wien, der oftmalige Österreichische Meister stellte aus finanziellen Gründen seinen Spiel­betrieb ein. (So etwas ist also keine Erfindung des Jah­res 2016, das hat es immer schon gegeben.) Der A-Li­ga-Klub Landis & Gyr Mödling zieht nach Wien und bastelt aus den verbliebenen Wiener Spielern und den Mödlingern eine neue Supertruppe. Und UBMT Manager Helmut Niederhofer handelt mit den Möd­lingern folgenden Deal aus: Der Vorstand von UBMT tritt dem Verein Landis & Gyr bei, der Vorstand von Landis & Gyr tritt zurück, der alte Möllersdorfer Vereinsvorstand wird dann zum Vorstand von Landis & Gyr und beschließt als erste Amtshandlung eine Umbenen­nung in UBMT Kokoskuppel Blaschke Möllersdorf, übersiedelt nach Traiskirchen und mischt aus den eigenen Spielern und ein paar verbliebenen Mödlingern eine A-Liga-Mannschaft. Der geniale Plan dahinter: Möllersdorf ist ein Jahr in der A-Liga, bekommt dort fürchterliche Prügel, steigt wieder ab und ist dann endlich in der B-Liga, wo es immer schon hin wollte.

Nur halt von der anderen Seite. Der Plan hat so allerdings nicht funktioniert. Möllers­dorf ist nicht abgestiegen, sondern 33 Saisonen später noch immer in der A-Liga, ohne jemals abgestiegen zu sein und mittlerweile einer der längst dienenden Vereine in der höchsten Spielklasse. Im ersten Bundesliga-Kader (1983/84) standen drei Spieler, die das Spiel der Möllersdorfer in den folgen­den beiden Jahrzehnten prägen sollten und die im Lions Dome auch an der Wall-of-Fame verewigt sind. Zum einen der Oberwaltersdorfer Franz Graf, der zu diesem Zeitpunkt schon eine lange A-Liga-Erfahrung (Wien & Wels) vorweisen kann. Zum anderen zwei Spieler, die zu diesem Zeitpunkg noch im Junioren-Al­ter waren: Der Brucker Lucas Hajda und Hermann Kil­lian aus dem eigenen Nachwuchs.

Die Saison 1984/85 brachte zwei Neuerungen: Die FIBA führte die Drei-Punkte-Linie ein und die Möllers­dorfer engagierten ihren ersten Legionär. Er heißt Phil Wagner und kann nicht nur Basketballspielen. Bevor er nach Möllersdorfer kam, war er Leibwächter von Ste­vie Wonder. Was den Möllersdorfern seitenweise Be­richterstattung in den Boulevard-Medien brachte. Und nachdem, damals zumindest, das Legionär-Dasein in Möllersdorf, kein wirklich tagesfüllender Job war, ver­dingte sich Phil Wagner auch als Schauspieler. Unter der Regie von Axel Corti spielte er in einem Fernseh­film einen US-Soldaten im Jahr 1945.

Lucas Hajda hatte die Möllersdorfer vor Beginn der dritten Bundesliga-Saison Richtung Klosterneuburg verlassen. Und die Niederösterreicher hatten sich ei­nen neuen Legionär geangelt. Er hieß Renaldo O’Neal, kam von den lnnsbruckern nach Möllersdorf, spielte sich rasch in die Herzen der Zuschauer und sollte dann später dauerhaft seine Zelte in Möllersdorf aufschla­gen. Gleich in seiner ersten Saison sorgte Renaldo auch für einen Vereinsrekord der besonderen Art. Er war der erste Möllersdorfer der in einer Saison mehr als 1.000 Punkte erzielte. Genau waren es 1.078.

Möllersdorf hatte sich in der Bundes­liga etabliert. Nach jeweils Platz neun in den ersten beiden Bundesliga­-Jahren (in einer 12er Liga) und Platz sieben im dritten Jahr, war man in Saison Nummer vier sogar schon bis in die lichten Höhen des fünf­ten Platzes vorgestoßen. In diese Zeit fallen auch ausgedehnte Aus­landsreisen zu Freundschaftsspie­len. In einer Spielgemeinschaft mit Klosterneuburg kam man bis zum Vorolympischen Turnier nach Se­oul und nach China. Alleine bereiste und bespielte man Abu Dhabi. Dass man auf der Rückreise das Flugzeug versäumte und daher nur 15 Minu­ten vor einem Bundesligaspiel direkt aus Abu Dhabi in die Halle kam, ist nur eine der vielen Anekdoten der Möllersdorfer Ver­einsgeschichte.

In der Saison 1988/89 übernahm Renaldo O’Neal zum Job des Spielers auch noch den des Trainers, Helmut Niederhofer coachte. Die Jahre davor waren durch ei­nen regelmäßigen Trainerverschleiß gekennzeichnet. Und auch dieses Duo wurde nach eineinhalb Jahren am Trainerposten wieder abgelöst. Murat Ersek über­ nahm das Traineramt. Dieser führte gleich in seiner ersten halben Saison die Möllersdorfer ins Spitzen­feld der Bundesliga. Möllersdorf war auf dem Stockerl angekommen – Platz drei in der Meisterschaft. In die Saison 1989/90 fällt auch der erste Europacup-Auftritt der Möllersdorfer im Korac Cup. Der Auftritt war ein kurzer. Sie sind in der ersten Runde gegen Ludwigs­burg ausgeschieden.

Auch der Möllersdorfer Nachwuchs schlug sich in den 80er Jahren prächtig. Ein bis zwei NÖ-Landesmeis­tertitel pro Jahr gehörten fast schon zum Pflichtpro­gramm. Zugegeben, nicht jedes Jahr-aber fast. Höhe­punkt war der erste Staatsmeistertitel in der Vereins­geschichte: 1983/84 für die Junioren.

Die Möllersdorfer sind in den 90er Jahren angekommen. Sie haben ei­nen neuen Hauptsponsor, heißen jetzt UBMT Winterthur Möllersdorf und sie haben einen zweiten Legionär in ihren Reihen obwohl nur einer spielberech­tigt ist. Dieser heisst Oto Maticky ist 200facher tschechoslowakischer Na­tionalspieler und EM-Silbermedailli­engewinner. Wie das geht? Renaldo O’Neal soll sowieso bald eingebür­gert werden. Aus dem Vorjahr schon gewohnt sind die Möllersdorfer, dass sie gleich in der ersten Europacu­prunde wieder ausscheiden.

Das mit der Einbürgerung von Ren­aldo hat sich dann doch noch einige Monate verzögert, sodass entweder Oto – wenn er nicht gerade verletztwar, was in der ersten Saison recht häufig vorkam – oder Renaldo spielten. Als dann endlich beide spielen konnten, kamen die Möllersdorfer so richtig in Schwung. Sie gewannen den Grunddurchgang, waren auch am Ende des Play-off noch immer vor­ne, gewannen im Semifinale und trafen im Finale auf den hohen Meisterschaftsfavoriten SPI Wien. Die Wiener gewannen ihr Heimspiel, die Möllersdorfer glichen aus. Es kam zu einem Entscheidungsspiel in der berstend vollen Traiskirchner Hauptschule. Das Spiel war bis knapp vor Schluss ausgeglichen – und dann war der erste Meistertitel in Möllersdorf gelan­det – im 25. Jahr der Vereinsgeschichte.

In den nächsten beiden Saisonen spielten die Möl­lersdorfer zwar vorne mit. Zum zweiten Meisterti­tel hat es allerdings noch nicht gereicht. Daher wird aus dieser Zwischenphase vor allem über Personalia berichtet. Renaldo O’Neal wechselt zu SPI. So nach dem Motto, wenn Möllersdorf den Wienern den Titel wegschnappt, dann holen sich die Wiener die besten Möllersdorfer. Lucas Hajda ist von Klosterneuburg zu­rückgekehrt. Die Klosterneuburger Mannschaft hatte im Jahr davor auf der Fahrt zu einem Spiel nach Un­garn einen schweren Autounfall gehabt. Lucas ist wie­der hergestellt, sein zweites Basketballerleben beginnt er in Möllersdorf.

Im Kader findet sich auch ein junges Talent aus der Steiermark, auch er wird dann zum Ende seiner Bas­ketballlaufbahn – elf Jahre später – an der Wall of Farne im Lions Dome verewigt werden: Markus Fritz. Neuer Trainer der Möllersdorfer ist Craig Nance. Und im Jahr 1992 übergibt Pfarrer Friedrich Tscherney nach 26 Jah­ren das Zepter des Vereinsobmanns an Helmut Nieder­hofer. Die Möllersdorfer haben im Lauf ihrer 5O-jährigen Geschichte ja einiges an Trainern verbraucht. Bei den Obmännern waren sie extrem sparsam. Da sind sie in dieser langen Zeit mit zwei ausgekommen.

Renaldo O’Neal war wieder nach Möllersdorf zu­rückgekehrt. Ein neuer Hauptsponsor – H.I.S Jeans – hatte sich ebenfalls eingefunden. Die Möllersdorfer starteten mit viel Ambitionen in die Saison 1993/94. Im Europacup folgt das obligatorische Aus in Runde eins. Im Supercup, einem gemeinsamen Bewerb mit ungarischen, slowakischen und tschechischen Mann­schaften wuchsen die Möllersdorfer Bäume auch nicht in die Himmel. Im Cup kamen die Möllersdorfer zwar bis ins Finale. Dieses, damals noch in zwei Spielen ausgetragen, verloren sie allerdings gegen St. Pöl­ten. Blieb nur noch die Meisterschaft. Nach Platz eins nach dem Meister Play-off und einem Semifinalsieg über Gmunden hieß der Finalgegner wieder St. Pölten. Revanche für die Cupniederlage war angesagt. Spiel eins in Traiskirchen gewinnen die Möllersdorfer nach Verlängerung. Nach den Spielen zwei und drei in St. Pölten steht es 2:1 für Möllersdorf. Spiel vier, wieder in Möllersdorf wird klar verloren. Zum Entscheidungs­spiel fünf kamen über 1.500 Zuschauer, wie diese in die Traiskirchner Hauptschule geschlichtet wurden, weiß man heute nicht mehr. Ein klarer Rückstand zur Pause, doch am Schluss hieß es dann doch „We are the Champions“. Möllersdorf war zum zweiten Mal Meister geworden.

Renaldo O’Neal hat die Möllersdorfer wieder verlassen – aber er war bei beiden Meistertitel dabei gewesen. Franz Zderadicka hat den Trainerposten von Craig Nance übernommen. Franz Graf wurde Spielertrainer von Möllersdorf II. Von den Basket Flyers aus Wien ist Hannes Lutz zu den Möllersdorfen gekommen. Auch er wird, nachdem er zwischendurch ein paar Saisonen in St. Pölten war, seine Karriere in Traiskirchen been­den und an der Wall auf Farne verewigt werden. Der Möllersdorfer „Einser-Legionär“ war nach wie vor Oto Maticky, die „Zweier-Legionäre“, mittlerweile durfte ja jeder Verein zwei Spieler dieser Gattung einsetzen, wechselten in regelmäßigen und kurzen Abständen.

Zwei herausragende Namen aus dieser Periode: Matt Lien und Trent Jackson. Und die prägenden Duelle in den folgenden Jahren hießen SÜBA St. Pölten gegen Möllersdorf. Wobei die St. Pöltener in der Endabrech­nung immer knapp die Nase vorne hatten.

Renaldo O’Neal war wieder nach Möllersdorf zu­rückgekehrt. Wir schreiben die Saison 1996/97. In den letzten drei Saisonen war Möllersdorf immer ins Cupfinale vorgedrungen. Und im Finale immer ge­scheitert. Einmal gegen Oberwart und zweimal ge­gen St. Pölten. Im vierten Anlauf hat es dann endlich geklappt. Möllersdorf ist zum ersten Mal Cupsieger. Noch dazu in St. Pölten gegen den Lieblingskontra­henten.

In den beiden folgenden Saisonen dominieren die St. Pöltener weiter die Meisterschaft, die Möllersdorfer le­gen vor den nächsten Höhenflügen eine kleine schöp­ferische Pause ein. Aus dem Herbst 1999 gibt es aber sowieso eine viel wichtigere Meldung: Traiskirchen hat eine neue Volksschul-Turnhalle und die Möllersdorfer Basketballer haben eine neue Halle die alle „Stückln“ spielt: den Lions Dome – eine Halle mit Infrastruktur wie sie die Möllersdorfer Basketballer bisher nicht kannten: Buffet, VIP-Räumlichkeiten, Sekretariat und dazu noch ausreichend Trainingsmöglichkeiten für die vielen Nachwuchsmannschaften. Die Möllersdorfer Basketballer statteten der Stadtgemeinde Traiskirchen den Dank für diese tolle Halle und die großartige För­derung in den letzten Jahren ab, indem aus dem „UKJ Basketballclub Möllersdorf/Traiskirchen“ die Arkadia Traiskirchen LIONS wurden.

So eine tolle Halle braucht natürlich auch eine tolle Mannschaft. Oto Maticky war kein Legionär mehr, er war EU-Bürger. Der kleine Guard Donminic Ellison er­wies sich als Glücksgriff. Sean McCaw der als US-Bür­ger von Kapfenberg nach Traiskirchen gekommen war, wurde Österreicher. Daher war mitten in der Saison ein Legionärsplatz frei geworden. Ihn besetzte ein Mann, der die Zuschauer schon bald zu Begeisterungstürmen hinreißen sollte: Ron Riley. Dazu noch ein großes Talent aus Wien, auch er ein Jahrzehnt später ein Mitglied der „Hall of Farne“: David Geisler. Einen neuen Trainer gab es auch bei den LIONS – Charles Payton.

Nachdem die Saison 1999/2000 aus sportlicher Sicht zunächst ein wenig zäh begonnen hatte, wird mit dem Zugang Ron Rileys der Turbo gezündet. Im Cup werden Fürstenfeld, St. Pölten und Linz eliminiert, im Finale in der Arena Nova in Wr. Neustadt kommt es zum großen Showdown gegen die dominierende Mannschaft der kommenden Jahre: die Kapfenberg Bears. Die LIONS feiern einen klaren Sieg gegen die Kapfenberger und sind zum zweiten Mal österreichischer Cupsieger.

Das obere Play-off in der Meisterschaft beenden die LIONS auf Rang vier. Jetzt sind die LIONS, beflügelt durch den Cupsieg, so richtig auf den Geschmack ge­kommen. 3:0 gegen St. Pölten, 3:0 gegen Oberwart, die LIONS sind im Finale, der Gegner heisst wieder Kapfenberg. Die LIONS gewinnen auswärts, verlieren zu Hause, gewinnen auswärts. Entscheidungsspiel im LIONS Dome, der aus allen Nähten platzt. Die LIONS gewinnen 74:70, der Jubel ist grenzenlos. Die LIONS feiern ihren dritten Meistertitel. Das neue Jahrtausendbeginnt richtig gut: Double – Cup und Meisterschaft für die LIONS.

Die 90er Jahre sind zwar mittlerweile vorbei, die „Gol­denen Jahre“ der LIONS dauern aber noch ein Jahr län­ger. Zu Beginn der Saison 2000/01 gewinnen die LIONS den Supercup gegen Kapfenberg. Weniger gut läuft es im Europacup (Saporta Cup), wo die LIONS vom äu­ßersten Westen Europas (FC Porto) bis in den äußers­ten Osten (Unics Kasan im Ural) unterwegs sind. In acht Spielen werden sieben Niederlagen eingefahren. Ron Riley stößt mit ein wenig Verspätung auch wieder zu den LIONS. Dennoch läuft es in der Meisterschaft ein bisschen unrund. Dafür schlagen die Traiskirchner im Cup noch einmal zu. Und zwar mit dem typischen Kampfgeist der Löwen. Das Final Four wird wieder in der Arena Nova in Wr. Neustadt ausgetragen. Im Se­mifinale brauchen die LIONS zwei Overtimes um die Mattersburger auszuschalten. Im Finale wartet wieder Kapfenberg. Mitte des dritten Viertels liegen die LIONS, scheinbar aussichtslos, mit 20 Punkten im Rückstand. Lucas Hajda zieht mit einigen sagenhaften Dreiern den Bears die Nerven und dreht das Spiel noch einmal um. Traiskirchen gewinnt mit sechs Punkten. Die LIONS sind zum dritten Mal österreichischer Cupsieger.

Drei Mal Meister, drei Mal Cupsieger – die 90er Jahre kann man mit Fug und Recht als die „Goldene Ära“ des Traiskirchner Basketballs bezeichnen. Gemein­sam mit den St. Pöltnern und dann mit den Kapfen­berg Bears haben die Traiskirchner in dieser Dekade den österreichischen Basketball maßgeblich geprägt.

Wie hat es mit dem Nachwuchs in den Goldenen 90er Jahren ausgeschaut? Prächtig! Die zahlreichen Nieder­österreichischen Titel und Ehrenplätze können wir hier gar nicht aufzählen. Auch bei den österreichischen Meisterschaften können die Traiskirchner Nachwuchs­mannschaften immer wieder Plätze im Vorderfeld erreichen. Maßgeblich dafür verantwortlich ist auch die Gründung des LZ NÖ Süd im Jahr 1998, in dem die besten Nachwuchsspieler aus Traiskirchen, Baden, Mödling und Oberwaltersdorf gemeinsam trainieren und spielen.

Höhepunkte der Nachwuchserfolge bei den Staatsmeis­terschaften: Bronze für die Jugend im Jahr 1992/93, die U16 und die U22 in der Saison 1999/2000; Silber für die Schüler in der Saison 1998/99 und Meistertitel für die Junioren in der Saison 1994/95, die U14 in der Saison 1999/2000 und die U22 in der Saison 2000/01.

Die goldene Ära war längst vorbei. Nach dem letzten Cup-Titel 2001 folgten Jahre, in denen Traiskirchen weit unter den Möglichkeiten spielte und 2003 trotz starker Mannschaft nur knapp dem Abstieg entgan­gen war. In den nächsten beiden Saisonen brachte Österreichs Coaching-Shootingstar Raoul Korner wie­der etwas Stabilität in die Truppe. Nachdem sich Kor­ner nach zwei Saison aus Traiskirchen verabschiedete, standen die LIONS vor der Saison 2005/06 aber wieder ohne Trainer da. Der WBC Wels winkte mit dicken Geldbündeln und einer absoluten Startrup­pe. Ein Angebot, das Korner nicht ablehnen konnte und die Verantwortlichen der LIONS vor eine schwieri­ge Aufgabe stellte.

Manager Helmut Niederhofer ließ seine italienischen Connections spie­len und holte Andrea Maghelli nach Trais­kirchen. Der Italiener war zwar drei Jahre älter als Korner, hat­te aber noch nie au­ßerhalb Italiens ge­coacht. Und auch in seinem Heimatland war der schlaksige Vegetarier bisher nur in der Vierthöchsten Liga als Head Coach aktiv. Ein Experiment, dass schon nach der ersten gemeinsamen Saison als gelungen bezeichnet werden konnte.

Überraschungssaison als Startschuss

Von einigen Experten und Journalisten als Fixabstei­ger gehandelt, spielte Traiskirchen eine bärenstarke Saison und beendete den Grunddurchgang sensa­tionell auf dem vierten Platz. Und auch im oberen Play-Off kam der prophezeite Einbruch nicht. Die jun­ge Traiskirchner Truppe spielte sich ins Halbfinale der Liga, wo dann gegen den späteren Meister Gmunden Endstation war. Im Cup schaffte man es sogar eine Runde weiter, im Finale zogen Davor Lamesic und Co. aber gegen Wels und Korner den Kürzeren. Doch trotz dieser Niederlagen war die Saison eine überaus gute. Und es war klar, wer der Vater des unglaublichen Er­folges war. Das wurde auch belohnt: Andrea Maghelli wurde von der Bundesliga zum „Coach oft he Year“ ausgezeichnet.
Und aus dem italienischen Experiment wurde eine Langzeitehe, die in der Vereinsgeschichte der LIONS einzigartig ist. Sieben Jahre hockte, gestikulierte und diskutierte Maghelli an der Traiskirchner Seiten­linie. Und ganz Traiskirchen liebte den am Spielfeld oft aufbrausenden, abseits des Courts aber extrem höflichen und herzlichen Italiener. Die romantische Beziehung zwischen den LIONS und Maghelli hatte aber einen kleinen Makel – es gingen keine Titel da­raus hervor.

Titelchancen bleiben ungenützt

Aus finanzieller Sicht waren ausbleibende Trophäen keine Überraschung. Traiskirchen konnte mit dem Wettrüsten der österreichischen Top-Vereine bei wei­tem nicht mithalten. Vereine wie Gmunden, Wels oderFürstenfeld stellten Jahr für Jahr Millionentruppen zusammen, deren Qualität weit über den Rest der Liga zu stellen war. Und trotzdem schafften es die LIONS immer wieder, die „Großen“ zu ärgern und um Titel mitzukämpfen. Vor allem ab der Saison 2008/09 konnten sich die Resultate sehen lassen: Insgesamt zog Traiskirchen unter Maghelli viermal {06, 09, 10, 11) ins Halbfinale der Admiral Basketball Bundesliga ein, dreimal (06, 08, 09) schaffte man außerdem im Cup den Sprung ins Final Four. Doch das berühmte Quäntchen fehlte, um einen Pokal in die Höhe stemmen zu können.
Es sind vor allem zwei Niederlagen, die alteingesesse­nen LIONS-Fans noch heute schmerzliche Erinnerun­gen hervorrufen. Eine davon ist jene aus dem Cup-Se­mifinale im Jahr 2009. Traiskirchen war als krasser Außenseiter ins Spiel gegen Fürstenfeld Panthers gegengen, lieferte der Startruppe aus der Steiermark aber einen heroischen Kampf. Die hochklassige Partie nahm aber ein unrühmliches und für die LIONS extrem bitteres Ende. Nachdem Dragan Zekovic die LIONS wenige Sekunden vor Schluss mit 96:94 in Führung brachte, traf Milan Goljovic mit Ablauf der Zeit einen Dreier zum Fürstenfelder Sieg. Ein Sieg, der eigentlich keiner war. Denn kurz bevor Goljovic an den Ball kam lag Panther Shawn Ray mit dem Ball in der Hand klar im Out, was die Schiedsrichter jedoch übersahen.
Referee Erich Kratschmer entschuldigte sich zwar wenige Stunden später, Maghelli und den LIONS war aber die Chance genommen worden, am nächsten Tag den Titel zu holen. So holten die Panthers mit einem 80:79-Finalsieg gegen Wels den Cup.

Und auch in der Meisterschaft stand Traiskirchen unter Maghelli einmal knapp vor dem Titelgewinn. Zumindest relativ knapp, denn in den Play-offs 2011 war für Traiskirchen erst im fünften Spiel des Semifinales gegen die Oberwart Gunners Endstation. Man war zwar als Außenseiter in die Serie gegen die Burgenländer gegangen. Insgeheim wussten aber alle, dass der ganz große Wurf gelingen könnte. Denn das Team rund um Altstar Kevin Houston agierte in absoluter Topform, beendete das obere Play-off auf Rang drei und „sweepte“ Kapfenberg im Viertelfinale. Als die LIONS dann auch noch Spiel zwei aus Oberwarten stehlen und zuhause auf 2:1 stellen konnten, war der Finaleinzug zum Greifen nahe. Doch die von Neno Asceric trainierten Burgenländer schlugen zurück, erzwangen das fünfte Spiel in Oberwart. In einer hochemotionalen Partie – inklusive Ausschluss von Kevin Houston – setzten sich die Gunners mit 75:71 durch und feierten zwei Wochen später den ersten Titel der Vereinsgeschichte.

Zwei MVPs, viele Toptalente und ein NBA-Spieler

Neben der Tatsache, dass die Kontrahenten dieser beiden Halbfinal-Niederlagen danach jeweils den Titel holen konnten, gab es noch eine Parallele. In beiden Saisonen stellten die LIONS den MVP, also den besten Spieler der Bundesliga. 2009 war das der US-Amerikaner Deven Mitchell, 2011 der ltalo-Argentinier Fabricio Vay. Doch die beiden waren icht die einzigen Top-Spieler, die unter Maghelli das LIONS-Trikot überstreiften. „Ich hatte sehr viele Offensiv-Talente wie Vay, Stazic, oder Roderick“,sagte Maghelli in einem Interview nach seiner Zeit in
Östereich, wollte danach aber zwei Spieler herausheben. ,,Aber in unserem Sport geht es ja nicht nur um Offense. Der effektivste Spieler, den ich je gecoacht habe, war Kevin Houston. Der insgesamt beste Deven Mitchell. Seine Defense, seine Offense, sein großes Herz, seine Einstellung – Deven war einfach unglaublich!“

Das größte Talent, das Maghelli in Traiskirchen unter seinen Fittichen hatte, war aber Nemanja Bjelica. Der Serbe kam als 17-jähriger nach Traiskirchen, nachdem er es bei seinem Jugendclub Partizan Belgrad nicht ins Profiteam schaffte und ihm in seinem Heimatland die nötige Lobby fehlte, verschlug es Bjelica 2007 zu den LIONS. Und dort begeisterte der 2,09 Meter große Allrounder, der von Pointguard bis Center jede Positi­on spielen kann, nicht nur die Experten in der österreichischen Liga, sondern machte auch internatio­nal auf sich auf­merksam.

Und einer der besten Trai­ner aller Zeiten sicherte sich seine Dienste: Svetislav Pesic holte Bjelica zu Roter Stern Bel­grad, wo er zum absoluten Welt­klasses-Spieler reifte. Es folg­ten Stationen bei Caja Labo­ral Vitoria (ESP) und Fenerbah­ce Istanbul, wo er zum MVP der Euroleague, also zum besten Spieler der besten Liga Europas, gewählt wurde. Vergangenen Sommer wech­selte er in die NBA zu den Minnesota Timberwolves.

Maghelli und Danek: Die (un)vollendete Beziehung

Doch nicht nur starke Legionäre prägten die „Ära Maghelli“. Vor allem ein Österreicher reifte unter dem Italieners zum besten Spielmacher des Landes – Ben­ni Danek. Der Wiener, der als Nachwuchsspieler schon zu Korners Zeiten nach Traiskirchen geholt wurde, blühte unter Maghelli auf und war über all die Jahre hinweg der verlängerte Arm des Trainers. „Er verdient eine extra Erwähnung: Benni Danek ist der intelligen­teste Spieler, den ich je trainiert habe. Und das wird er vermutlich auch bleiben“, so Maghelli.

Kein Wunder, dass er seinen Musterschüler nach ei­ner durchwachsenen Saison 2011/12, in der man, we­gen eines enggeschnürten finanziellen Korsetts, die Play-off-Teilnahme verpasste, zu seiner nächsten Sta­tionen, nämlich zum BC Vienna, mitnahm. Und irgend­wie wiederholte sich die Geschichte. Wieder winkte ein Verein mit den dicken Geldbündeln und einer ab­soluten Startruppe.

Wieder konnte der LIONS-Coach nicht ablehnen. Und wie sich ein Jahr später herausstellte -zurecht! Denn Maghelli und Danek schafften mit der vom serbischen Milliardär Philip Zepter finanzierten Truppe das, was ihnen mit ihrem Herzensverein Traiskirchen nie gelang. Sie holten den Meistertitel.

In Jahr eins nach der „Ära Maghelli“ mussten die UONS endgültig kleinere Brötchen backen. Die im­mer schwieriger werdende Finanzsituation zwang den Verein, mit einem kleineren Budget in die Saison zu starten. Da neben dem Head Coach auch Bene­dikt Danek, zumindest vorerst, eine andere Heraus­forderung suchte, stand von heute auf morgen kein arrivierter Spieler mehr im Traiskirchner Kader.

Doch die LIONS machten aus der Not eine Tugend – und stellten schon mit der ersten Personalentschei­dung unter Beweis, wohin die Reise gehen sollte. Zo­ran Kostic, jahrelang für den Nachwuchs der LIONS zuständig, wurde vom Assistant Coach zum Chef befördert. Damit war auch klar, dass der Fokus in den kommenden Jahren auf die Entwicklung junger Spieler gelegt wird. „Zoran ist ein absoluter Fach­mann, der über Jahre hinweg bewiesen hat, dass er mit jungen Spielern arbeiten kann“, erklärte Helmut Niederhofer damals.

Lehrjahr für junges Löwenrudel

Und junge Spieler waren auch Kostics täglich Brot in der Bundesliga: Denn Traiskirchen stellte 2012/13 das mit Abstand jüngste Team der ADMIRAL Basket­ball Bundesliga. Nicht nur die österreichischen Spie­ler, auch die Legionäre hatten die Volljährigkeit erst kürzlich überschritten. Damit war von Beginn an klar, dass diese Spielzeit als Lehrjahr für alle Beteiligten zu sehen war. Nur vier der 28 Saisonspiele konnten die LIONS für sich entscheiden.

Das Saisonziel wurde aber dennoch erreicht – denn der letzte Tabellenplatz ging nicht an die Traiskirch­ner. Und das wurde erst im allerletzten Spiel der Meis­terschaft in St. Pölten fixiert, das die Kostic-Truppe mit 84:82 für sich entschied. Maßgeblich verantwort­lich dafür: Fabricio Vay, der wenige Partien zuvor zu­rückkehrte und 31 Punkte zum Sieg besteuerte. Zwar besiegte man im ganzen Jahr nur zwei Teams (St. Pölten 3x, Fürstenfeld 1x), weil die Rivalen aus der niederösterreichischen Landeshauptstadt aber auch nur vier Siege verbuchen konnten, mussten sich die­se mit Rang elf von elf begnügen.

Ein Großteil des ABL-Teams durfte wenige Tage spä­ter außerdem noch einen Titel bejubeln. Angeführt von Radosav Spasojevic, der mit knapp 20 Punkten im Schnitt auch in der Bundesliga bester Löwe war, feierte die U21 einen ungefähr­deten Staatsmeistertitel. Alleine im  Final Four erzielte Spasojevic 55 Punkte.

LIONS gewinnen Tauziehen um Supertalent

In der Folgesaison zeigte sich der Verein in neuem Kleid. Ein neues Logo wurde präsentiert. Außerdem wollte die junge Truppe von Zoran Kostic den nächsten Schritt machen. Und es gab durchaus berechtigten Grund zur Hoffnung! Denn der Stamm konnte gehalten werden, außerdem schaffte es Helmut Niederhofer Österreichs Jahrhun­derttalent nach Traiskirchen zu lotsen. Jakob Pöltl stieß von den DC Vienna Timberwolves zum Löwen­rudel – und schlug ein wie eine Bombe.

Das hätten zwar die wenigsten für möglich gehal­ten, Head Coach Kostic war das aber schon nach wenigen Trainingseinheiten klar. „Ich habe noch nie einen österreichischen Basketballer mit so großem Potential gesehen. Wenn er ab jetzt noch härter an sich arbeitet, kann er sich nach ganz oben orientie­ren“, meinte Kostic damals und sollte recht behalten. Schon in seinem ersten Spiel in der ABL begeisterte der erst 18-jährige Pöltl die ganze Liga. Gegen die damalige Millionen-Truppe vom BC Vienna erzielte der 2,13 Meter große Center 18 Punkte, leistete sich keinen Fehlwurf und pflückte acht Rebounds.

Zwar verloren die LIONS damals hauchdünn (84:87), Pöltls Leistung war aber unglaublich. „Viele dachten damals, dass das eine Eintagsfliege gewesen ist. Aber wir haben von Anfang an gewusst, dass Ja­kob in dieser Liga eine Rolle spielen kann und wird“, meint LIONS-Boss Helmut Niederhofer heute. Und was für eine Rolle: Jakob Pöltl erzielte in seinem ersten und einzigen Jahr in der Bundesliga 12,7 Punk­te und holte 7,7 Rebounds. Noch beachtlicher war seine Wurfquote: Der Riese verwandelte unfassbare 70 % seiner Würfe, führte in dieser Statistik die ge­samte Liga an und war auch insgesamt der dritteffizi­enteste Spieler der ABL. Niederhofer bringt es heute auf den Punkt: „Wir können uns glücklich schätzen, dass Jakob eine Saison lang das LIONS-Trikot getra­gen hat.“ Denn schon während der Saison erhielt Pöltl Ange­bote von europäischen Topclubs und Spitzencolleges in den USA. Der Wiener entschied sich schließlich für den amerikanischen Weg, schloss sich der University of Utah an, wo er zwei Saisonen für Furore sorgte. Mittlerweile ist klar, dass er in der kommenden Saison 2016/17 der erste Österreicher in der besten Liga der Welt, der NBA, sein wird. Nach Nemanja Bjelica (Minnesota Timberwolves) ist Pöltl also schon der zweite NBA-Spieler, der seine ersten Schritte im Profi-Basketball in Trais­kirchen gemacht hat.

Drama um Pinezich

Insgesamt war die Saison 2013/14 aber sehr turbulent. Die Mannschaft konnte ihr Potential, si­cher auch aufgrund ihrer Jugend, nur selten wirklich ausschöpfen. Deswegen musste Zoran Kostic Ende November den Hut nehmen, Christoph Pinezich, Vater von LIONS-Guard Markus, folgte ihm interimistisch nach. Nur zwei Monate später präsen­tierte der Verein dann Vladimir Lucic als neuen, end­gültigen Head Coach. Zu diesem Zeitpunkt waren die Play-Offs bereits außer Reichweite, der Abstieg konnte aber deutlich verhindert werden. Der Sport wurde gegen Ende der Saison aber sowieso komplett nebensächlich.

Denn am 23. März, wenige Wochen vor Saisonen­de, musste Markus Pinezich plötzlich um sein Leben kämpfen. Der Guard, der an der höchst seltenen Autoimmunerkrankung ALPS leidet, erlitt einen septi­schen Schock. Er musste in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden. Seine Überlebenschance lag bei einem Prozent. Doch wie am Court kämpfte Markus auch jetzt wie ein echter Löwe -und überlebte! Nach zehn Tagen weckten ihn die Ärzte aus dem Koma, sieben Wochen später durfte er das AKH verlassen. Sitzen, stehen, gehen. Alles musste Markus neu ler­nen. Doch er hat sich zurückgekämpft. Seine aktive Karriere ist zwar vorbei, aber als Assistant Coach der Swans Gmunden steht der mittlerweile 28-jährige wieder täglich in der Basketball-Halle.

Der verlorene Sohn kehrt zurück

Die Vorbereitung auf die Saison 2014/15 waren über­aus erfolgreich. Denn nach zwei Jahren beim BC Vienna kehrte Benni Danek wieder zu den LIONS zurück. Und im Schlepptau hatte der Spielmacher Florian Trmal, womit von heute auf morgen plötzlich zwei österreichische Nationalteam-Spieler im Trais­kirchner Kader standen. Dafür startete man mit nur drei Legionären auf den großen Positionen in die Sai­son. Gemeinsam mit den jungen, wilden Traiskirch­nern bildeten sie aber ein Team, dass zu Meister­schaftsbeginn alle überraschte.

Denn im ersten Saisonviertel feierten die LIONS sechs Siege, kassierten nur drei Niederlagen. Das Ergebnis war der dritte Platz, doch dieser konnte nicht gehalten werden. Denn das Team von Vladimir Lucic fiel in ein hartnäckiges Formtief. Vor allem zuhau­se taten sich Benni Danek und seine Kollegen relativ schwer. Gegen Ende des Grunddurchgangs fand das Team aber wieder zu seiner Form, feierte einen Sieg nach dem anderen und qualifizierte sich erstmals seit drei
Jahren für die Play-Offs.

Unter dem Motto „WE ARE BACK“ startete Traiskir­chen als Nummer acht in die Postseason und traf dort auf den BC Vienna, der den Grunddurchgang für sich entscheiden konnte. Ange­trieben vom neu entstan­denen Fanclub „Red Liens“ entwickelte sich eine un­glaubliche Euphorie, die die LIONS fast zur ganz großen Sensation trieb. Denn unsere Burschen lieferten sich mit der Wiener Startruppe einen Schlagabtausch auf Augenhöhe – nach vier Spielen stand es in der Serie 2:2! Doch in Game #5, in dem hunderte mitgereiste Trais­kirchen-Fans den Admiral Dome zum Lions Dome machten, setzte sich die Klasse der Wiener schlus­sendlich durch. Und trotzdem wurde das Team gefei­ert, als hätte es gerade die Meisterschaft gewonnen.